Das weltweite Phänomen alternder Bevölkerungen stellt eine der wichtigsten demografischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. (UNFPA http://www.unfpa.org/, 2012,).
Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen stellte fest, dass eine alternde Bevölkerung zwei Seiten einer Medaille hat: Freude und Herausforderung. Grund zur Freude gibt es aufgrund der Tatsache, dass mehr Menschen eine längere Lebensdauer erwarten können. Die durchschnittliche Lebenserwartung in den Ländern der Europäischen Union liegt bei ungefähr 80 Jahren (79,9 im Jahr 2013, Eurostat 2015). In 17 der 28 Staaten der Europäischen Union lag die durchschnittliche Lebenserwartung im Jahr 2013 (Bild 1) bei über 80 Jahren. Eines dieser Länder ist Island – ein Partnerland von INNOMEC.
Leider erreichen die neuen Mitgliedstaaten der EU in Zentral- und Osteuropa noch nicht den Standard der führenden Länder. Die Lebenserwartung in den Ländern Zentral- und Osteuropas war im Jahr 2013 zwischen 73,4 und 77,5 Jahren (Bild 1).
In der Mehrheit der Partnerländer von INNOMEC herrscht eine hohe Lebenserwartung vor – Italien (82,1), Island (81,3), Österreich (80,5), Belgien (80). Litauen, das im Rahmen des Projekts Osteuropa vertritt, hat sowohl innerhalb des Projekts als auch innerhalb der Europäischen Union die niedrigste Lebenserwartung aufzuweisen. Sie lag für das Jahr 2013 bei nur 73,4 Jahren (Eurostat, 2015a).
Bild 2 zeigt das Ausmaß der alternden Bevölkerung an der Anzahl der Gesamtbevölkerung. In den Partnerländern von INNOMEC weist Italien den höchsten Anteil über 65jähriger an der Gesamtbevölkerung auf – insgesamt waren im Jahr 2013 20,1 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt. (Eurostat, 2015b).
Der Anteil der älteren Bevölkerung in Litauen, Österreich und Belgien lagen im Jahr 2013 bei 18,2, 18,1 bzw. 17,5 Prozent. In Island lag der Anteil bei 12,9 Prozent. Innerhalb der Europäischen Union beträgt der Anteil der Bevölkerung, die älter als 65 Jahre ist 18,2 Prozent (Eurostat, 2015b).
Laut den letzten Vorhersagen betreffend der Entwicklung der Bevölkerung (Eurostat, 2014) wird sich der Prozess einer alternden Bevölkerung und damit der Anteil über 65jähriger an der Gesamtbevölkerung zukünftig weiter fortsetzten.
Bild 1. Lebenserwartung in INNOMEC Partnerländern und anderen Mitgliedstaaten der EU 2013 in Jahren
Quelle: Eurostat, 2015a.
Bild 2. Anteil 65-79jähriger bzw. über 80jähriger an der Gesamtbevölkerung, INNOMEC Partnerländer und andere Mitgliedsländer der EU 2013 in Prozent
Quelle: Eurostat, 2015b.
Wie auch in anderen Bereichen ist aber nicht nur der quantitative Indikator maßgebend. Die höhere Anzahl an gelebten Lebensjahren und auch die größere Anzahl älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung sagt noch nicht viel über die Qualität dieses Älterwerdens aus. Auch die Qualität eines Lebens im Alter ist ein wichtiger Faktor [Nehmen Sie an unserer Umfrage Nr.1 auf innomec.eu teil]. Kann die Gesamtgesellschaft Ressourcen bereitstellen, um den Menschen ein würdevolles Altern zu ermöglichen (materielle Sicherheit, Gesundheit, Sozialkontakte, Bildung, Selbstverwirklichung)? Wie kann/ muss sich eine Gesellschaft entwickeln, in der sich alle Generationen wohlfühlen?
Steigende Lebenserwartung und ein höherer Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung verlangen auch von Politik und Verwaltung ein Umdenken weg von der Bedürfnisbefriedigung hin zur Nutzung vorhandenen Potentials.
Um diesem Umstand Rechnung zu tragen wurde 2013 ein neues Instrument eingeführt der Globale AgeWatch Index – ein Index über das Wohlbefinden der älteren Bevölkerung. (Bild 3, HelpAge 2013). Dieses Instrument ist folgendermaßen ausgelegt: 1) es ist fokussiert auf den älteren Menschen; 2) es ermöglicht bis zu einem gewissen Grad einen internationalen Vergleich; 3) es liefert wissenschaftlich fundierte Vorschläge und Handlungsanweisungen wie das Leben alter Menschen verbessert werden kann. Der Global AgeWatch Index vergleicht 13 Indikatoren gegliedert in 4 Bereiche (Bild 3): Einkommen (4 Indikatoren), Gesundheit (3 Indikatoren), Beschäftigung und Bildung (2 Indikatoren) und fördernde Umwelt (4 Indikatoren). Die ersten beiden Bereiche – Einkommen und Gesundheit – spiegeln das Wohlbefinden der älteren Bevölkerung wider. Die beiden anderen Bereiche widmen sich dem Potential von älteren Menschen. Namentlich der dritte Bereich – Beschäftigung und Bildung – ist ein Indikator für die Eigenschaften, die sich ältere Menschen selbst zuschreiben. Und der vierte Bereich – fördernde Umwelt – beschreibt eine für alte Menschen förderliche Umwelt.
Bild 3. Global AgeWatch Index Bereiche und Indikatoren
Source: HelpAge, 2013
Gemäß globalem AgeWatch Index 2015 wurden INNOMEC Partnerländer folgendermaßen gereiht: Island (81,8 Prozent von 100), Österreich (74,4 Prozent), Belgien (63,4 Prozent), Italien (53,5 Prozent) und Litauen (43,2 Prozent) (HelpAge, 2015). Innerhalb der INNOMEC Partnerländer belegt Island den ersten Platz, was das soziale und ökonomische Wohlbefinden betrifft. Die Situation in Litauen stellt sich dagegen als am schlechtesten dar. Nicht nur innerhalb der INNOMEC Partnerländer, sondern auch unter 96 Ländern, die von Global AgeWatch in einem Ranking gelistet wurden, belegt es den 63. Platz.
Um das jeweilige Ranking der INNOMEC Partnerländer gemäß Global AgeWatch bildlich darzustellen wurde von uns für die jeweiligen Länder ein Wohlfühl-Diamant entwickelt. Jede Ecke repräsentiert dabei einen Hauptbereich (Domain), je ausgeprägter der Ecke, desto höher ist das Wohlbefinden älterer Menschen im entsprechenden Bereich.
Bild 4. Global AgeWatch Index Werte in den Hauptbereichen, INNOMEC Partnerländer, 2015, in Prozent{2}
Source: HelpAge, 2015
Bild 4 zeigt, dass die Einkommenssituation (durch die Spitze des Diamanten repräsentiert) in allen INNOMEC Partnerländern am stärksten ausgeprägt ist. Die Werte rangieren zwischen 73,1 und 86,6 Prozent. Der Gesundheitsstand der Seniorinnen und Senioren wird durch die rechte Spitze symbolisiert und zeigt gut ausgeprägte Werte in Island, Österreich, Belgien und Italien, wo Werte zwischen 68,7 und 78,7 Prozent erreicht werden. In Litauen haben ältere Menschen einen schlechteren Gesundheitswert, nämlich nur 44,2 Prozent. Beschäftigung und Bildung (im Wohlfühl- Diamanten durch die untere Spitze symbolisiert) sind Schwachpunkte der Länder – in Italien und Belgien waren die Werte verglichen mit den anderen Projektpartnern am niedrigsten (28,2 bzw. 32,9 Prozent). Relativ hohe Werte werden in Island und Litauen erreicht (54,5 und 50 Prozent), Österreich liegt mit 37,6 Prozent im Mittelfeld. Im Bereich förderliches Umfeld (die linke Spitze des Wohlfühl-Diamanten) zeigen sich hohe Werte für Österreich, Island und Belgien (82,7, 78,8 und 78,8 Prozent). Gemäß dem Global AgeWatch Index hinken Italien und Litauen in diesem Bereich etwas hinterher (58,5 und 52,6 Prozent).
Die Analyse der demografischen Trends betreffend Altern und Wohlbefinden der älteren Bevölkerung in den INNOMEC Partnerländern zeigt, dass die Situation für ältere Menschen innerhalb der Länder recht unterschiedlich ist [Nehmen Sie an unserer Umfrage Nr.2 auf innomec.eu teil]. Dies schafft Raum für Inputs aus dem Projekt. Die Ziele dabei sind: (1) die Partizipation älterer Menschen am sozialen und kulturellen Leben zu erhöhen; (2) gegenseitiges Lernen mit jüngeren Generationen und Familienmitgliedern zu fördern; (3) lokale und europäische Netzwerke sowie gesellschaftliche Verantwortung zu stärken, fokussierend auf den Beitrag von Altenbetreuungseinrichtungen zum Thema lebenslanges Lernen. Wir sind der Meinung, dass mit Hilfe der Ergebnisse unseres Projekts Bedingungen unterstützt werden können, die das Wohlbefinden älterer Menschen in einem ganzheitlichen Sinn fördern können.
{2} Ein höherer Index-Wert stellt einen höheren Wohlfühlfaktor der älteren Menschen dar.