Die Aktivitäten des Projekts INNOMEC wurden hauptsächlich in Graz beziehungsweise den umliegenden Bezirken umgesetzt. 21,53% der Grazer Bevölkerung sind älter als 60 Jahre (Status: 31.März 2015). Das sind ca. 60.000 Personen. Ungefähr 20.000 Bewohnerinnen und Bewohner von Graz sind älter als 75 Jahre, viele davon leben in Wohnheimen oder besuchen Tageszentren. In Graz werden ca. 1.930 Wohnplätze (Stand: Mai 2015) angeboten. Zusätzlich dazu bieten ambulante Sozialdienste ihre Hilfe jenen an, die weiterhin zu Hause leben. Seit 1996 bietet auch das SeniorInnenbüro Graz, das erste dieser Art in Österreich, Angebote für Menschen, die noch selbständig zu Hause leben.
Zwei Trainerinnen, Andrea Gaal und Elisabeth Schrattner, die selbständig Dienstleistungen für Ältere anbieten, erarbeiteten für das Projekt INNOMEC gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern von Tageszentren und anderen Sozialeinrichtungen in Workshops die für diese Altersgruppe interessantesten Themen und Anliegen. Angewendet wurden dabei durchwegs kreative Methoden, um die älteren Menschen zu Mitarbeit zu motivieren. Die transkulturelle Biographiearbeit (TBA) bildete die Grundlage. In gemeinsamen Gesprächen wurden Erinnerungen ausgetauscht und in Form von Interviews verfügbar gemacht. Anschließend wurden diese Interviews als Videos bzw. Audiodokumente aufgezeichnet und in die internationale Datenbank MEMORO hochgeladen.
Ziel der Workshops war es, eine Wiederbelebung und Neubewertung von Erinnerungen anzuregen sowie den Transfer dieser Erinnerungen in die Gegenwart zu unterstützen. Die individuellen Biographien bildeten dabei auch die Basis für die Darstellung des Prozesses des lebenslangen Lernens und der Entwicklung von Zukunftsperspektiven. Biographie-basierte Workshops wurden seit Februar 2015 angeboten. Sie wurden in Kleingruppen entweder direkt in den Tageszentren oder an anderen Treffpunkten durchgeführt. Das erste Modul diente als Vorbereitung für die Gruppe und dauerte ca. 1,5 Stunden. Das zweite Modul dauerte ca. 1 Stunde und wurde meist mit Einzelpersonen abgehalten. In halb-strukturiert geführten Interviews wurden die Teilnehmenden befragt, wobei das Interview als Video aufgezeichnet wurde.
Durchgeführt wurden die Aktivitäten in sechs verschiedenen Settings. Insgesamt nahmen 61 ältere Personen an 5 Pilotgruppenaktivitäten (12 Module) und Einzelaktivitäten zu Hause teil, 37 davon zweimal. 29 stimmten einer Audio-bzw. Videoaufzeichnung ihrer Interviews zu. Die jüngste Person wurde 1949 geboren, die älteste 1919. Die Trainerinnen von inspire wurden dabei von Jugendlichen, PraktikerInnen und Auszubildenden sowie den Teams der besuchten Einrichtungen unterstützt.
Settings:
Unsere Pilotaktivitäten konzentrierten sich hauptsächlich auf den französisch sprechenden Teil von Belgien, insbesondere auf die Stadt Brüssel und Liège, die in Wallonien liegt. Belgien ist eine Föderation von 3 Regionen: die Hauptstadt Brüssel, Flandern und Wallonien. Das Sprachenthema (zwei Hauptsprachen: Französisch und Niederländisch sowie eine deutschsprachige Minderheit) ist ein entscheidender Faktor innerhalb des konstitutionellen Kontexts und bestimmt eine große Anzahl der politischen und verwaltungstechnischen Unterschiede der drei Regionen.
Ursprünglich war unsere Forschung auf zwei einander ergänzende Bereiche ausgerichtet:
Durch die Internet-Recherche erhielten wir interessante Informationen, die wir im Laufe des Projekts verwerten konnten:
Öffentliche Einrichtungen kooperieren in einem mehrstufigen Verfahren mit assoziierten Gruppen um älteren Menschen adäquate Dienste anbieten zu können. In der zweiten Phase des Projekts wurde in Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung die Managementpolitik und –praxis von Altenbetreuungseinrichtungen unter die Lupe genommen.
Die Stadt Brüssel ist ein eigener Mikrokosmos mit 19 Stadtbezirken, in denen jeweils ein eigenes öffentliches Sozialzentrum unter der Leitung eines vom jeweiligen Gemeinderat gewählten Präsidenten eingerichtet wurde. Jedes Sozialzentrum fördert die für ihr Gebiet als geeignet befunden Sozialstrukturen. Unser Erstkontakt fand mit dem Sozialzentrum des Bezirks Forest statt und führte uns zur Einrichtung Val des Roses. In einem Zeitraum von 6 Monaten wurden sowohl ExpertInnen, die in diesem Zentrum arbeiten, als auch das Management interviewt. Das “Maison Val des Roses” wird meist von älteren Menschen, die von Demenz betroffen sind, bewohnt. Der unterschiedliche Grad der Demenz bedingt eine Anpassung hinsichtlich des Service- und Leistungsangebots.
Im Zuge des von INNOMEC durchgeführten Trainings für ErwachsenenbildnerInnen wurde die Einrichtung besucht und die TeilnehmerInnen konnten sich mit den SozialpädagogInnen bezüglich Erfahrungen und Praxis austauschen.
Weitere Kontakte wurden mit der Verwaltung des Bezirks Schaerbeek, dem Gemeinderat und dem College von Aldermen aufgenommen. Unsere Aktivitäten fanden im “Maison des Femmes” in Schaerbeek statt, einem offenen Ort für alle Generationen zum Zwecke emanzipatorischer Aktivitäten (Kunstaustellungen, Kinoabende, Workshops…). In diesem Rahmen wurde auch das Video vom Workshop zum Training der Hörfähigkeit gemacht, als ein Beispiel der Didaktik zum Thema Audio- Psycho-Phonologie
Wir präsentierten unser Programm auch im “Freizeitzentrum im Viertel Biloba” in dem Aktivitäten mit intergenerationellem Kontext stattfinden, im “SeniorInnenzentrum Albert de la Tour” in Schaerbeek und in der Orpéa Residenz “Le Sagittaire”, die im Stadtteil Uccle gelegen ist.
Wir kontaktierten auch das Zentrum “Le Monde des Possibles” in Liège. Es handelt sich dabei um eine Einrichtung des Lebenslangen Lernens in Wallonien-Brüssel. Mit dieser Einrichtung bestanden bereits Kooperationen. Wir präsentierten unsere Methode APP in ihrem multikulturellen und intergenerationellen Kontext des Sprachenzugangs und starteten in diesem Bereich eine Kooperation.
Dank der Unterstützung der Leitung der Abteilung für Bildung, Kultur und Gleichberechtigung des zweisprachigen Stadtbezirks Schaerbeek und der Anerkennung unserer Bemühungen, konnten wir APP auch im niederländisch-sprechenden Teil in Antwerpen präsentieren. Die Einrichtungen dort zeigten großes Interesse an unserer Tätigkeit.
Im Großem und Ganzen führten wir unsere Aktivitäten meist in offenen Einrichtungen mit Schwerpunkt auf intergenerationelle Gruppen bestehend aus rüstigen SeniorInnen und jungen Leuten mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund durch.
Gemäß den Statistiken des “Stadtplanungsbüros – Region Hauptstadt-Brüssel” lag die Anzahl der SeniorInnen (Alter 65 bis 80 und darüber) im Jahr 2010 bei 14,3 Prozent gemessen an der Gesamtbevölkerung. Dieser Prozentsatz wird bis 2030 relativ gleichbleibend sein, um 2060 auf ca. 19,7 Prozent anzusteigen.
Derzeit gibt es folgende Art von Wohnmöglichkeiten, die Dienstleistungen für ältere Menschen anbieten:
In der Region Hauptstadt Brüssel bestehen 204 Einrichtungen, die Wohnmöglichkeiten für SeniorInnen anbieten. 28% davon sind gedacht für französisch-sprachige SeniorInnen, 5% für niederländisch-sprechende SeniorInnen und 67% sind für zweisprachige SeniorInnen. Die Statistik basiert auf der Altersgruppe 60+, da 60 die Altersgrenze für die Zulassung zu diesen Dienstleistungen ist. Im Durchschnitt gibt es pro 1.000 SeniorInnen eine Einrichtung.
Die Wohnmöglichkeiten sind über das Gesamtgebiet verstreut, Tageszentren befinden sich meist im Zentrum{3}. Die sehr urbane Gegend Hauptstadt Brüssel bringt mit sich, dass Familien ihre SeniorInnen lieber in Einrichtungen unterbringen als sie in ihrem eigenen Heim aufzunehmen (zu kleine Wohnungen, teuer, alle Familienmitglieder sind auswärts unterwegs etc.).
Heute zählt Island 329.100 EinwohnerInnen. Die Bevölkerung ist ziemlich jung, da der Anteil der über 67 jährigen nur etwa 10% beträgt. Gerechnet wird mit einem Bevölkerungswachstum um 33% und einer Anzahl von 430.000 IsländerInnen im Jahr 2060. Im Jahr 2040 wird der Anteil der über 67jährigen von heute 10% auf 18% ansteigen.
Die Aktivitäten des Projekts wurden von Hrafnista, Islands größter Pflege- und Altenbetreuungseinrichtung durchgeführt. Ca. 600 BewohnerInnen leben in Hrafnistas Pflegeheimen und 3 Tages- und Freizeitzentren. Hrafnistas Prioritäten liegen in hochqualitativer Pflege und medizinischer Versorgung, Rehabilitation, Physiotherapie, Beschäftigungstherapie und verschiedensten Sozialaktivitäten.
Unsere Workshops wurden im Tagesfreizeitzentrum durchgeführt. Die KlientInnen können ca. 4 Wochen lang ins Tageszentrum kommen, wo sie Physio- oder Beschäftigungstherapie in Anspruch nehmen. Wochentags können sie während der Öffnungszeiten zwischen 9:00 und 15:00 Uhr kommen. Die meisten BesucherInnen sind sozial isoliert und leiden neben anderen Krankheiten auch an Depression, Parkinson oder Demenz. Sie alle leben jedoch in ihrer eigenen Wohnung.
Im Tageszentrum war es uns möglich, die jüngeren unter den Alten zu erreichen. Unser Fokus lag auf Aktivierung und Eröffnung von Chancen, damit die Älteren ihre Lebensgeschichte mit den Jüngeren teilen. Die Methode dazu war die transkulturelle Biographiearbeit (TBA), Memoro-Interviews und Audio-Psycho-Phonologie (APP).
Wir passten dabei die Methode der TBA an unsere Bedürfnisse an und nennen es „Lebensgeschichte“. Mit dem Modul “Lebensgeschichte” haben wir bereits in Pflegeheimen speziell mit Menschen mit Demenz gearbeitet. Vom Tageszentrum erhält jede/r Klient/in ein Handout, wie sie ihre eigene Lebensgeschichte verfassen können, welche Fragen beantwortet werden sollten und welche Möglichkeiten der Aufzeichnung es gibt. Die meisten KlientInnen waren begeistert und wollten sogleich zuhause mit ihren Familien beginnen, einige jedoch wollten dies gerne auf später verschieben. Unser Ziel ist es, dass die Menschen ihre Lebensgeschichte vor dem Umzug in ein Pflegeheim verfasst haben. Dies dient als Informationsquelle für das Team im Pflegeheim, insbesondere dann, wenn die Menschen ihre eigene Erinnerung verlieren.
Die Memoro-Interviews wurden im Tagestrainingszentrum von Oddur Albertsson
durchgeführt. Oddur stellte zunächst das Projekt im Auditorium vor. Ca. 15
Personen waren anwesend und diskutierten im Anschluss an die Präsentation über
Erinnerungen und die alte Zeit. Später wurden 3 Personen von Oddur und zwei
StudentInnen interviewt und ein Video davon gemacht. Zuerst waren die
KlientInnen zögerlich aufgrund des ihnen unbekannten Internets und wer nun alles
das Video sehen könne. Fragen wie “Werde ich dumm aussehen?”
oder Sätze wie
“Ich habe nichts Interessantes zu erzählen!“
fielen. Alle drei KlientInnen wollten
vorab ihre Videos sehen und zeigten sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Die Methode APP wurde den KlientInnen im Tageszentrum präsentiert und die auf iPads installierte App LIT konnte von allen während der Ruhezeit nach dem Mittagessen benutzt werden. 4-5 Personen nutzten dies täglich, jede/r von ihnen ca. 30 Minuten und ungefähr zwischen 2-4 Mal pro Woche. Die KlientInnen genossen das Musikhören und waren der Meinung, die Musik kläre ihre Gedanken und helfe ihnen sich zu konzentrieren. Es war erbauend und die 30 Minuten wurden als angenehme Ruhezeit ohne zu schlafen genossen. Nach der Testphase im Frühjahr wurde die App weiterhin den ganzen Sommer hindurch benutzt.
Bereits von Beginn des Projekts an involvierte Speha Fresia die Altenbetreuungseinrichtung “Principe Ventimiglia e Conte Palagonia” (IPAB Principe di Palagonia), eine kleines Pflegeheim in Palermo (Sizilien), das einen Bedarf an Weiterbildung seiner SozialpädagogInnen hatte und sein Interesse an Pilotaktivitäten bekundete, um die Lebensqualität der älteren BewohnerInnen zu steigern. Die Einrichtung führt ein Pflegeheim für 32 KlientInnen, wovon 13 im Projekt INNOMEC teilgenommen haben, und ein Tageszentrum für ca. 250 angemeldete Personen, jedoch offen für alle älteren Menschen der Umgebung. Das Tageszentrum ist in der Einrichtung gelegen und bietet Sozial- und Freizeitaktivitäten an. Die Altersstruktur liegt zwischen 65 und 100 Jahren, wobei die BewohnerInnen des Pflegeheimes durchschnittlich 90 Jahre sind und die Besucher des Tageszentrums ca. 70 Jahre. IPAB ist eine öffentliche Wohltätigkeitseinrichtung, die zu 70% privat (60% Einkünfte aus Immobilien, 10% Kostenbeitrag der KlientInnen) und zu 30% öffentlich (Regionalförderung der Personalkosten und Kostenbeitrag der Stadtverwaltung von Palermo) finanziert wird.
Das Team der Einrichtung besteht aus 12 fix Angestellten: 3 PflegerInnen, 1 Arzt, 1 Gesundheitspfleger, 1 Animateur, 5 Reinigungskräfte. Zusätzlich stehen noch ein Sozialassistent als Trainee (Praktikum der UMSA Universität), 2 Ehrenamtliche, ein Seelsorger und eine Nonne zur Verfügung. Die erforderlichen Qualifikationen sind: Berufsausbildung für den Bereich Gesundheit und Soziales für Administratoren, Bachelor im Pflegebereich für die PflegerInnen, Bachelor im Sozialbereich für den Sozialassistenten.
In Italien wird das Gesundheitssystem durch regionale Gesetze und Verordnungen geregelt. Für Sizilien bedeutet dies, dass für den Betrieb einer Altenbetreuungseinrichtung die Registrierung in einem regionalen Register notwendig ist. Zentren müssen bestimmte Regelungen betreffend Organisationsstruktur und Personal einhalten. Die Angebote umfassen Altenbetreuung und soziale/kulturelle Aktivitäten. Da der Art. 10 des Nationalgesetzes Nr. 328 aus 2000 betreffend der Regelung von „IPAB“ (öffentliche Sozial- und Wohlfahrtseinrichtungen) in der Region Sizilien noch nicht umgesetzt wurde, gilt für die Finanzierung der Einrichtung nach wie vor das sog. “Crispi Gesetz” aus 1890!
Die Altersstruktur für Sizilien zeigt für 2015 einen Anteil von 19,9%{4} der über 65jährigen. In Palermo und seinen Provinzen ist der Anteil etwas geringer (19,3%). Dies bestätigt nur die lange Lebenserwartung im gesamten Land. Was die Pflege anbelangt, liegt diese in ganz Italien in Händen der Familien bzw. in privaten Einrichtungen. Höhere Lebenserwartung und die veränderten Familienstrukturen verschlimmern die Pflegesituation trotz vorhandener privater Einrichtungen. Die steigende Anzahl alter und sehr alter Menschen zeigt einen zunehmenden Bedarf an Wohnmöglichkeiten und Dienstleistungen. Die Anzahl der Angebote steigt, jedoch ist ein großer Unterschied zwischen Nord und Süd festzustellen. Das Angebot ist nicht differenziert, wird nach bestimmten Typen entwickelt und ist nicht über ein Netzwerk miteinander verbunden. Laut Recherche der AUSER (nationale Vereinigung für ältere Menschen verbunden mit der Gewerkschaft CGIL) weist Sizilien die geringste Dichte an Betreuungsmöglichkeiten für ältere Menschen auf, mit nur 0,9 Betten pro 1000 älteren EinwohnerInnen. Im Gegensatz dazu steht die nationale Quote von 14,5 Betten. Auch bezüglich integrierter Versorgungsdienste werden in Sizilien 2,14 pro 1000 ältere EinwohnerInnen in ihren Wohnungen unterstützt versus einem nationalen Wert von 4,12{5}.
In Italien ist das Gesundheits- und Pflegewesen eine regionale Angelegenheit. Die folgenden Ausführungen treffen also teils nur für die Region Venetien zu und haben nicht für ganz Italien Gültigkeit.
Venetien ist im Nordosten Italiens gelegen und hat als Region ca. 4,921.140 EinwohnerInnen. Historisch gesehen hatte die Region immer die höchste Bevölkerungswachstumsrate im Jahr. 1983 verzeichnete die Region erstmals eine negative Zuwachsrate. Dieser Trend setzte sich fort, wobei das Minus sich sogar Jahr für Jahr vergrößerte.
Die Bevölkerungsstruktur nach Alter sieht folgendermaßen aus:
Tabelle 1. Bevölkerungsstruktur nach Alter von 2002 bis 2015 (Quelle: ISTAT)
Der Alterungsprozess schreitet immer weiter voran und äußert sich auch in einem höheren Durchschnittsalter der Bevölkerung in der Region Venetien (von 41,7 Jahren im Jahr 2002 auf 44 im Jahr 2015 – Quelle: ISTAT 2015). Die Anzahl über 65jähriger wächst stetig: 2002 lag sie bei ca. 827.630, heute liegt sie bei 1,066.900. Daher wird das Thema des aktiven Alterns in den politischen und sozialen Agenden immer wichtiger, weil diese demographische Struktur erhebliche Auswirkungen auf das Fürsorgesystem und die damit verbundenen Kosten hat.
Die Region Venetien hat in Bezug auf Altenbetreuungseinrichtungen Standards erstellt, die erfüllt werden müssen, um eine Akkreditierung als Einrichtung erhalten zu können. Sollten die Standards nicht erreicht werden, wird eine Akkreditierung verweigert und es ist dann nicht möglich, die Einrichtung in das öffentliche System aufzunehmen.
Ein Erfordernis innerhalb der Einrichtung ist das Vorhandensein einer sogenannten “Bildungsabteilung”. Die soll mit anderen Professionalisten kooperieren und Bildungs- sowie Lernangebote umsetzen. Das bildet einen großen Mehrwert bei der Unterscheidung von Altenbetreuungseinrichtungen und Krankenhäusern [Nehmen Sie an unserer Umfrage Nr.3 auf innomec.eu teil] .
Trotz der existierenden Trennung zwischen Fürsorgeangebot und Bildungsangebot berichten SozialpädagogInnen von der Schwierigkeit der Differenzierung in der täglichen Arbeit mit älteren Menschen. Faktum ist, dass eine Pflegekraft oft “Bildungsarbeit” bei der Betreuung verrichtet, insbesondere dann, wenn BewohnerInnen angehalten werden selbständig zu handeln (beim Waschen, Anziehen, Essen, etc.).
In den Altenbetreuungseinrichtungen bilden Bildungs- und Lernaktivitäten einen eigenen Schwerpunkt. Professionelle TrainerInnen sind ein wichtiger Part im multidisziplinären Team, das sich um die BewohnerInnen kümmert. Beim Einzug in die Einrichtung wird von jeder/m ein Profil erstellt, in dem Erwartungen, Geschichten, Kompetenzen und Interessen erfasst werden. Dies geschieht, um die Aktivitäten und Angebote besser auf die jeweilige Person zuschneiden zu können und dadurch einen höheren Wohlfühlfaktor zu erzielen.
Mit diesem generellen Hintergrund und unter Berücksichtigung, dass der italienische Partner SCV die Methode APP und MEMORO auch testen sollte, hat SCV Kontakt mit mehreren Einrichtungen und Stakeholdern aus dem Bereich der Altenbetreuung aufgenommen. Im speziellen wurden 2 Einrichtungen als Kooperationspartner identifiziert, die die Tools, die INNOMEC zur Verfügung stellt, ausprobieren wollten. Es wurde gemeinsam unter Bedachtnahme auf die Möglichkeiten vor Ort ein Umsetzungsplan erarbeitet.
Die zwei Organisationen sind:
1. Cooperativa La Goccia (Marostica, Vicenza) [link to their website]
2. Fondazione OASI (S. Bonifacio, Verona) [link to their website]
Sie sind in zwei unterschiedlichen Provinzen der Region Venetien gelegen, womit der Einfluss über Vicenza hinausreicht. Beide wollten APP testen, OASI zusätzlich noch MEMORO.
Die demographischen Entwicklungen der letzten Dekaden zeigen eine zunehmende Alterung der litauischen Bevölkerung. Das litauische Statistische Zentralamt konstatierte für 2012 eine Anzahl von 102 Pflegeeinrichtungen, wobei ca. 4.500 Personen in diesen Einrichtungen betreut werden. Die Mehrheit der Einrichtungen wird von der Kommunalverwaltung getragen, andere sind staatliche oder private Einrichtungen. Es gibt folgende Arten der stationären Unterbringung: Pflegeheime für jene, die ständiger Pflege und Betreuung bedürfen oder aus anderen Gründen nicht alleine wohnen können; Residenzen für jene, die zwar selbständig leben können, aber in kleinen Bereichen Hilfe oder bestimmte Sozialdienste benötigen.
Momentan befindet sich die Bedarfsanalyse der unterschiedlichen Bedürfnisse älterer Menschen hinsichtlich sozialer Dienstleistungen noch in den Kinderschuhen. Die derzeitige Diskussion betrifft die Qualitätsstandards von Sozialleistungen, was für die Anbieter von Dienstleistungen für ältere Menschen immens wichtig ist. Der Qualitätsanspruch steigt zunehmend mit dem professionellen Image innerhalb der Gesellschaft [Nehmen Sie an unserer Umfrage Nr.4 auf innomec.eu teil].
Im Katalog der Sozialdienstleistungen (vom 5. April 2006; Verordnung Nr. A1-93, (Žin., 2006, Nr. 31-1092) werden Bildungsaktivitäten zwar nicht direkt aufgelistet, sie werden aber implizit unter Freizeitaktivitäten mitgedacht. Diese sollen vorbeugend soziale Probleme und soziale Exklusion abwenden, die gesamte Gemeinschaft einbinden und auch das einzelne Individuum zu mehr Kommunikation, Partizipation und Aktivität innerhalb der Gruppe anregen. Die Schlüsselkräfte dazu sind die SozialpädagogInnen.
Die Evaluation der Qualitätsstandards in Sozialeinrichtungen startete 2013. Kriterien sind entsprechende Infrastruktur, Qualifikation des Personals, Dokumentation der Standards und Einhaltung der Normen betreffend Entwicklung der sozialen Dienste. Gemessen werden die Kriterien an vorgegebenen objektiven Normen. Die Lizensierung von Sozialdienstleistungen begann in Litauen 2013. Lizensiert wurde anhand der objektiven Normenkriterien, die in den Lizenzregelungen für Sozialdienstleistungen vorgegeben waren (Nr.528 vom 16. Mai 2012 (Žin., 2012, Nr.: 57 - 2864). Einrichtungen, die eine Lizenz erhalten wollen, müssen einen Fragebogen ausfüllen: Einhaltung rechtlicher Regelung in Hinblick auf die Quote der zu Betreuenden pro Betreuer/in, Organisationsstruktur, Qualifikation des Personals, Größe der Residenz und Größe der Bereiche zur persönlichen Hygiene.
Bis 2015 müssen alle Einrichtungen, die Dienstleistungen für ältere Menschen erbringen, eine Lizenz erworben haben oder sie werden geschlossen werden. Die Lizensierung wird von der Abteilung zur Aufsicht über Sozialdienstleister (DSSS) durchgeführt. Es wird mit ca. 500 Lizensierungen aus den verschiedensten Bereichen gerechnet.
In Litauen wurden bei der Umsetzung der Nationalen Pilotaktivitäten die StudentInnen des 3. Jahrgangs der Sozialakademie eingebunden. Sie wurden in die Methoden der TBA, Memoro und APP eingeführt. Die theoretischen Grundsätze dazu wurden in folgenden Kursen mitbehandelt: „Grundlagen der Erwachsenenbildung“ und „Soziale Altersforschung“. Die StudentInnen wurden motiviert, während ihrer Praktikumszeit in Altenbetreuungseinrichtungen diese Methoden umzusetzen. Danach wurden sie gebeten, ihre Erfahrungen damit zu reflektieren und Erkenntnisse und Verbesserungsvorschläge anzugeben. Zusätzlich wurden Seminare in Vilnius für PraktikerInnen von Sozialeinrichtungen (Pflegeheime, unabhängige Haushalte, Tageszentren und Residenzen für SeniorInnen) abgehalten.
{3} Stadtplanungsbüro, Einrichtungen für SeniorInnen, Hauptstadt-Brüssel, Analyse November 2010 – Die Sozialökonomie am Scheideweg, www.econosoc.be
{4} Quelle: ISTAT Nationales Institut für Statistik at http://www.tuttitalia.it/sicilia/statistiche/indici-demografici-struttura-popolazione/
{5} Auser Sicilia, “Non è una regione per vecchi” (It is not a region for older people), 2011