Ludwig Zaccaro

 
Ludwig Zaccaro

Geboren 1948
aus/von Neumarkt-Sankt Veit

Ich wurde am 6. Februar 1948 als 2. Sohn einer bayrischen Mutter und eines süditalienischen Vaters in Maisach/Obb. geboren. Meine Eltern waren bei meiner Geburt bereits getrennt, meine Mutter ging zur Arbeit und mein Bruder und ich verbrachten den größten Teil unserer Kindheit bei unserer tablettenabhängigen Großmutter.

In meinem Heimatdorf war ich diskriminiert; die anderen Kindern wollten mit mir, einem „Katzelmacher-Buam“ (Schimpfwort für Kinder von Italienern) nicht spielen.

Mit 4 Jahren hatte ich infolge einer Tablettenvergiftung eine Nahtoderfahrung; ich lag 11 Tage im Koma. Wieder erwacht, wollte ich mein gerettetes Leben Gott und dem Frieden widmen und Geistlicher zu werden.

Nach der Grundschule besuchte ich daher das Ludwigsgymnasium in München. Unsere Lehrer hatten zum Teil 5 Jahre in sibirischen Kriegsgefangenen-Straflagern hinter sich; entsprechend repressiv war das Schulklima! Zweifel an meiner Berufung kamen auf, meine Leistungen sanken und ich begann mit 13 Jahren zu trinken.

1965, nach 7 Jahren an diesem Gymnasium konnte ich den Schulalltag nicht mehr ertragen. Ich schmiss alles hin, und nach einigen Fehlstarts machte ich eine Lehre als Kellner in einem exklusiven Weinrestaurant.

Nach 5 Jahren als Kellner, diversen Alkoholexzessen und einem beinahe tödlichen Abenteuer, wurde ich wie Hunderttausende anderer junger Leute ein „Morgenlandfahrer“: Ich reiste auf dem Landweg nach Indien. Dort schloss ich mich bald der internationalen Yogastadt Auroville an und half unter anderem mit, 30.000 Bäume in der Wüste Südindiens anzupflanzen.

Nach zwei Jahren wieder zurück, war ich ein anderer Mensch geworden, mein Alkoholproblem hatte ich gelöst. - Was war geschehen? Ich hatte Antwort auf meine 2 essentiellen Lebensfragen an Gott erhalten: 1) Warum hast du mich verlassen (mich in der Schule scheitern lassen)? 2) Warum gibt es soviel Ungerechtigkeit und Elend auf der Welt?

Fortan begann ich mein eigenes Leben zu leben.

1977 schloss ich mich dem alternativen Projekt „Werkhaus“ in München an und betrieb dort mit drei Teilhabern eine Vollkornbäckerei.

1979 besuchte ich „Porta Westfalica“, das deutsche Woodstock; es wurde eines der Highlights meines Lebens.

Nach drei Jahren ging die Bäckerei pleite und ich beschloss, ein 2. Mal Deutschland zu verlassen. Die Kanarischen Inseln, der damals freieste Platz Europas, waren mein Ziel. Aber nicht die Sonne und das Meer zogen mich magisch an, sondern der Aussteiger-Ort Soria in den Bergen von Gran Canaria. Die eineinhalb Jahre, die ich dort in einer Höhle wohnte, wurden zu einer meiner wichtigsten Lebenserfahrungen. Der Ort, an dem 350 Jahre lang Einheimische wohnten, wurde Anfang der 60er evakuiert. Der Grund war ein Staudamm und der geplante Stausee, der den größten Teil des Ortes überfluten sollte. Doch das wird niemals sein; vorher werden die Kanaren eher die Fortsetzung der Sahara. Wir lebten auf rechtlosen Land, das es eigentlich gar nicht mehr geben sollte. Keiner hatte das Recht, hier zu leben, aber es kam auch niemand, um uns von hier zu vertreiben. Es ging also darum, sich mit den anderen, die schon da waren, zu arrangieren. Von meinem Leben dort, handelt mein Buch „Achava – Wir kommen wieder – eine deutsche Aussteigerstory“.

Nach 18 Monaten, im Frühjahr 1983, war ich das frauenlose Dasein (wir waren 50 Männer und drei Frauen) leid und kehrte nach Deutschland zurück. Tatsächlich fand ich dort eine Frau, der ich ein Leben in der Natur zutraute. Doch sie wurde in Soria nicht glücklich! Wir zogen in den Norden der Insel, wo wir als einzige Ausländer unter lauter Einheimischen lebten. Doch dort ging es mir nicht gut; ich rutschte in die Rolle des „loco aleman“ (der verrückte Deutsche). Unterdessen hatten wir zwei Töchter bekommen und hielten uns mit Marktständen mühsam über Wasser. 1992 verliebte sich meine Frau in einen Einheimischen. Ich sah keinen anderen Ausweg mehr, als - nach insgesamt 11 Jahren - nach Deutschland zurück-zukehren.

Die Rückkehr nach Deutschland sollte zu meiner großen Chance werden. Die Trennung von meiner Familie brachte mich dazu, mich intensiv mit dem Thema Partnerschaft zu beschäftigen. Drei Jahre lang besuchte ich zahlreiche Seminare und Workshops über Partnerschaft und männerspezifische Fragen. Der Höhepunkt war, als ich in der Mitte eines Seminarraums auf dem Feuerstuhl saß; alle Männer mussten raus, und die Frauen sagten mir schonungslos, doch nicht verletzend, wie sie mich wahrnehmen. Ich erkannte, was ich ändern musste, um aus dieser Sackgasse herauszukommen und wuchs daran. 1996 war ich soweit, meine alten Muster abzulegen und Frauen auf neue Art zu begegnen. Bald lernte ich Nina kennen, mit der ich seitdem glücklich zusammenlebe. 2004 heiraten wir und feierten unsere spirituelle Hochzeit mit vielen Freunden.

Durch Nina erwachte meine Reiselust aufs neue und wir erkundeten als Rucksackreisende Europa, Nordafrika und Teile Asiens; Höhepunkt war ein Jahr in Indien und Nepal. Wir gaben zusammen auch Paarkurse und Lichtbildvorträge. Zwischenzeitlich hatte ich eine Ausbildung zum NLP-Practitioner und Mentaltrainer absolviert und betätige mich als Coach.

Ich bin unterdessen 64 Jahre alt und habe noch viel vor, u.a. eine Reise durch Südamerika mit meiner Frau.

Quelle: Ludwig Zaccaro

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